Kapitel 2: Struktur und Funktion der Zellen von Mikroorganismen

Wodurch sind Endosporen charakterisiert?

Endosporen sind extrem resistent gegen Hitze, Austrocknung, UV-Strahlen und Chemikalien. Sie enthalten Calciumdipicolinat und kleine säurelösliche Proteine (SAPs). Form und Lage der Endosporen innerhalb der vegetativen Zelle sind arttypisch, ihre Auskeimung kann durch Erhitzen induziert werden.

Welche Arten von Zelldifferenzierungen gibt es bei Einzellern?

Dauerformen (Cysten bei einigen Algen, tierischen Einzellern und Stickstofffixierern, Chlamydosporen bei Candida, Endosporen bei bestimmten Bacteria, Myxosporen bei Myxobakterien, Exosporen bei Methylotrophen) dienen dem Überstehen ungünstiger Umweltbedingungen. Verbreitungsformen (umweltresistente Cysten bei pathogenen tierischen Einzellern, Konidien bei Aktinomyceten) dienen der Verbreitung.

Welche Arten von Zelleinschlusskörpern kennen Sie und was haben sie für Funktionen?

Granula oder Tröpfchen aus Polysacchariden (Glykogen, Stärke, Polyglucose, Dextrane), Fetten oder Polyhydroxyalkanoaten (PHB), Polypeptiden (Cyanophycin), Polyphosphaten (Volutingranula) und Schwefel dienen als Speicherstoffe. Gasvakuolen verleihen den Zellen von Cyanobacteria, Haloarchaea und anoxygenen photosynthetischen Bakterien Auftrieb. Carboxysomen enthalten Ribulose-1,5-bisphosphat-Carboxylase (Rubisco), das Schlüsselenzym des Calvinzyklus, in semikristalliner Form. Die Chlorosomen der Grünen Bakterien enthalten Bakteriochlorophylle und weitere Photosynthese-Komponenten. Magnetosomen bestehen aus Kristallen von Magnetit oder Greigit und dienen magnetotaktischen Bakterien zur Orientierung im Magnetfeld der Erde.

Mikrotubuli, Mikrofilamente und intermediäre Filamente bilden das eukaryotische Cytoskelett. Gibt es entsprechende Proteinfilamente bei Prokaryoten?

FtsZ, das in Bacteria und Archaea nachgewiesen wurde, entspricht strukturell dem Tubulin, aus dem eukaryotische Mikrotubuli aufgebaut sind, funktionell jedoch den aus Actin bestehenden eukaryotischen Mikrofilamenten. FtsZ leitet die Septumbildung bei der Zellteilung ein. Die Proteine der MreB-Familie entsprechen strukturell den eukaryotischen Mikrofilamenten und sind wie diese netzartig unterhalb der Cytoplasmamembran angeordnet. Sie bestimmen die längliche Form von stäbchenförmigen Bacteria, wirken aber auch bei der Chromosomentrennung während der Zellteilung mit, eine Aufgabe, die bei Eukaryoten von Actin übernommen wird. Crescentin, das strukturell und funktionell den intermediären Filamenten von Eukaryoten entspricht, sorgt für die Aufrecherhaltung der gekrümmten Zellform bei Caulobacter crescentis.

Wie bewegen sich Spirochaeten?

Spirochaeten bewegen sich mithilfe von Endoflagellen, die von einer flexiblen Hüllmembran umgeben innerhalb des periplasmatischen Raumes liegen. Dabei entspringen an beiden Zellpolen mehrere Flagellen und winden sich als Axialfilament um den spiraligen, flexiblen Zellkörper. Der Aufbau der Endoflagellen entspricht dem anderer Bacteria-Flagellen. Rotieren alle Endoflagellen in die gleiche Richtung, schwimmt die Zelle geradeaus, rotieren die an den gegenüber liegenden Zellpolen inserierten Endoflagellen gegeneinander, zieht sich der Zellkörper zusammen, wodurch die charakteristische schraubenförmige Bewegung der Spirochaeten zustande kommt.

Was bewirkt die Umkehr der Rotationsrichtung der Flagellen bei E. coli? Welche Bedeutung hat dieser Effekt bei der Chemotaxis?

Die Flagellen von E. coli rotieren im Wechsel im Uhrzeigersinn und gegen den Uhrzeigersinn. Bei Rotation gegen den Uhrzeigersinn bilden die peritrich angeordneten Flagellen ein geordnetes Bündel, die Zelle schwimmt geradlinig vorwärts. Beim Wechsel zur Rotation im Uhrzeigersinn fliegt das Flagellenbündel auseinander, die Bewegung wird unkoordiniert und die Zelle taumelt, wobei die Richtung zufällig verändert wird. Normalerweise besteht die Bewegung von E. coli aus einer zufälligen Abfolge von Schwimmen und Taumeln. Unter dem Einfluss eines Lock- oder Schreckstoffes wird diese Abfolge so verändert, dass die Zelle sich auf einen Lockstoff zu bzw. von einem Schreckstoff weg bewegt (positive bzw. negative Chemotaxis).

Erläutern Sie Aufbau und Funktion prokaryotischer Flagellen! Wie unterscheiden sich die Flagellen von Bacteria und Archaea?

Prokaryotische Flagellen bestehen aus drei Komponenten: Filament, Haken und Basalkörper. Bacteria-Flagellen sind zwischen 5 und 20 µm lang und haben einen Durchmesser von 18 bis 24 nm. Ihr hohles Filament ist aus dem Protein Flagellin aufgebaut, der Haken verbindet das Filament mit dem in der Cytoplasmammembran lokalisierten Basalkörper, der als Flagellenmotor fungiert. Wie bei der ATP-Synthase wird, angetrieben durch einen Ionen(Protonen)-Gradienten, ein Drehmoment erzeugt, durch das eine Rotationsbewegung der Flagelle bewirkt wird. Bei der Synthese von Bacteria-Flagellen werden die Flagellin-Monomere durch den hohlen Schaft nach außen transportiert und in das wachsende Filament eingebaut. Archaea-Flagellen sind ebenfalls in der Cytoplasmammembran verankert, ihr Durchmesser liegt zwischen 5 und 13 nm. Im Unterschied zu Bacteria-Flagellen sind sie nicht hohl, ihr Filament ist aus zwei glykosylierten Archaea-Flagellinen aufgebaut. Wie bei Bacteria-Flagellen wird eine Rotationsbewegung erzeugt, die über einen Protonen-Gradienten angetrieben wird. Die Synthese von Archaea-Flagellen erfolgt, anders als bei Bacteria-Flagellen, von der Basis aus.

Nennen Sie die einzelnen Arbeitsschritte bei der Gramfärbung. Worauf beruht die unterschiedliche Reaktion grampositiver und gramnegativer Bakterien bei der Gramfärbung?

Hitzefixierter Bakterienausstrich; Färbung mit Kristallviolett (blaue Färbung); Behandlung mit Jod; Waschen mit Alkohol; Gegenfärbung mit Safranin (rote Färbung). Der dicke Mureinsacculus grampositiver Bakterien wird nach Dehydrierung durch Alkohol undurchlässig für den Kristallviolett-Jod-Komplex, so dass die Bakterien die blaue Färbung beibehalten. Bei den gramnegativen Bakterien kann der Kristallviolett-Jod-Komplex nach der Alkoholbehandlung ausgewaschen werden. Die Bakterien verlieren ihre blaue Färbung und werden anschließend zur Differenzierung rot gefärbt.

Wie unterscheidet sich die Zellwand grampositiver und gramnegativer Bakterien?

Bis zu 25 Schichten Peptidoglykan bei grampositiven Bakterien; nur eine Schicht Peptidoglykan mit aufgelagerter äußerer Membran bei gramnegativen Bakterien.

Wie unterscheiden sich Lysozym und Penicillin in ihrer Wirkung auf die Peptidoglykanstruktur?

Penicillin gehört zu den β-Lactam-Antibiotika und beeinflusst die Zellwandsynthese des Bakteriums. Auf Bakterien die sich nicht teilen, bei denen also keine Zellwandsynthese stattfindet (z.B. Sporen), haben Penicilline keinen Einfluss. Mykoplasmen werden von Penicillinen nicht angegriffen, weil ihnen die Zellwand fehlt. Auch bei gram–-Bakterienwirken Penicilline nur begrenzt (Ausnahmen Gono- und Meningokokken). Lysozym spaltet die Bindung zwischen N-Acetylglucosamin- und N-Acetylmuraminsäureresten, den Hauptbestandteilen des Mureins. Das Enzym gehört zum angeborenen Immunabwehr und wird von Schleimzellen in z.B. Nase und Mund produziert. Lysozym wirkt auf gram–-Bakterien und Mykoplasmen, jedoch nur eingeschränkt und im Zusammenspiel mit weiteren Komponenten des Immunsystems.

Aus welchen Bausteinen ist Peptidoglykan (Murein) aufgebaut und wie sind die Bausteine im Mureinsacculus der bakteriellen Zellwandverknüpft?

Lysozym ist ein Enzym, das die β1→4-glykosidische Bindung zwischen N-Acetylmuraminsäure und N-Acetylglucosamin in den Polysaccharidketten des Peptidoglykans spaltet. Penicillin ist ein Antibiotikum, das die Ausbildung der Peptidbrücken während der Neusynthese von Murein stört.

Erläutern Sie Aufbau und Funktion eukaryotischer Cilien und Geißeln!

Cilien und Geißeln sind nach dem 9 + 2-Prinzip aufgebaut: Neun periphere Doppeltubuli umgeben kreisförmig zwei zentrale einzelne Mikrotubuli, die Cytoplasmamembran umgibt diese Struktur. Verankert sind Cilien und Geißeln über den Basalkörper mit neun kreisförmig angeordneten peripheren Dreifachtubuli ohne zentrale Mikroubuli. Geißeln sind deutlich länger als Cilien, von denen mehrere Hundert pro Zelle vorhanden sein können, während Geißeln nur in ein oder zwei Exemplaren vorkommen. Die Ruderbewegung von Geißeln und Cilien wird unter ATP-Verbrauch durch das Motorprotein Dynein vermittelt.

Was ist jeweils charakteristisch für die Zusammensetzung der Membranen von Eukarya, Bacteria und Archaea?

Die Membranen von Eukarya und Bacteria enthalten Esterlipide, bei denen zwei der drei Hydroxylgruppen von D-Glycerin mit langkettigen Fettsäuren verestert sind. Die Zusammensetzung der Fettsäuren ist variabel und kann an veränderte Bedingungen (Temperatur, pH-Wert) angepasst werden. Zur Stabilisierung enthalten eukaryotische Membranen Cholesterin, Bacteria in der Regel Hopanoide. Archaea enthalten in ihren Membranen Etherlipide, in denen aus Isopreneinheiten aufgebaute 20C-Atome lange Seitenketten über Etherbindungen an L-Glycerin gebunden sind. Über die Seitenketten können die Etherlipide miteinander verknüpft werden, sodass eine Lipidmonoschicht entsteht. Diese ist unter den häufig extremen Temperatur- und pH-Bedingungen in den Lebensräumen vieler Archaea stabiler als eine Lipiddoppelschicht.

Was versteht man unter einer Einheitsmembran (unit membrane)?

Eine Einheitsmembran besteht aus einer flüssigen Phospholipiddoppelschicht, die frei bewegliche integrale und periphere Proteine enthält. Integrale Proteine durchspannen als Transmembranproteine die gesamte Membran. Sie sind fest in der Phospholipidschicht verankert und kovalent an ein Lipid oder ein Protein gebunden. Periphere Proteine sind auf der Innen- oder Außenseite der Membran nicht kovalent mit einem Lipid oder einem integralen Protein assoziiert. Das Verhältnis von Lipiden zu Proteinen ist abhängig von der Funktion einer Membran.

Was sind Hydrogenosomen?

Mitochondrien und Plastiden stammen von ursprünglich frei lebenden Prokaryoten ab, die von einer urkaryotischen Zelle als Endosymbionten aufgenommen und zu Organellen domestiziert wurden. Belege für diese Endosymbiontentheorie sind: Der Besitz eines eigenen, (meist) ringförmigen Genoms Entstehung aus Zweiteilung, keine de novo Synthese Organellen sind von Doppelmembran umgeben, die nicht miteinander fusionieren; die äußere ist eukaryotisch aufgebaut, die innere prokaryotisch (enthält Cardiolipin) 70S Ribosomen, Initiationsfaktoren und mRNA prokaryotisch (keine Cap-Sequenz, kein Poly-A-Schwanz) Fettsäure-Synthase besteht aus sieben Einzelenzymen wie bei Prokaryoten16S rRNA-Sequenzanalysen zeigen Übereinstimmungenmit α-Proteobacteria (Mitochondrien) bzw. Cyanobacteria (Chloroplasten).

Fassen Sie die Aussage der Endosymbiontentheorie kurz zusammen! Wodurch wird sie belegt?

Mitochondrien und Plastiden stammen von ursprünglich frei lebenden Prokaryoten ab, die von einer urkaryotischen Zelle als Endosymbionten aufgenommen und zu Organellen domestiziert wurden. Belege für diese Endosymbiontentheorie sind: Der Besitz eines eigenen, (meist) ringförmigen Genoms Entstehung aus Zweiteilung, keine de novo Synthese Organellen sind von Doppelmembran umgeben, die nicht miteinander fusionieren; die äußere ist eukaryotisch aufgebaut, die innere prokaryotisch (enthält Cardiolipin) 70S Ribosomen, Initiationsfaktoren und mRNA prokaryotisch (keine Cap-Sequenz, kein Poly-A-Schwanz) Fettsäure-Synthase besteht aus sieben Einzelenzymen wie bei Prokaryoten16S rRNA-Sequenzanalysen zeigen Übereinstimmungen mit α-Proteobacteria (Mitochondrien) bzw. Cyanobacteria (Chloroplasten).

Was für Zellverbände gibt es bei Einzellern und wie unterscheiden sie sich? Nennen Sie Beispiele!

Es gibt Zellteilungsverbände und Aggregationsverbände. Zellteilungsverbände entstehen durch unvollständige Zellteilungen und bilden arttypische Formen aus, z.B. Diplokokken, Streptokokken, Staphylokokken, Sarcinen, Coenobien. Aggregationsverbände entstehen durch Zusammenlagerung von selbstständigen, beweglichen Einzelzellen, z.T. verschiedener Spezies, die durch eine extrazelluläre Matrix zusammen gehalten werden. Beispiele sind Biofilme und die im Verlauf des Entwicklungszyklus bei Myxobakterien und Schleimpilzen stattfindenden Zusammenlagerungen.

Einzeller besitzen unterschiedliche Zellformen. Wodurch werden die Zellformen bestimmt und aufrechterhalten?

Die Zellform ist genetisch festgelegt und wird durch die Zellwand aufrechterhalten. Zellwandlose Zellen wie Mycoplasmen haben daher keine definierte Form, sie sind pleomorph.

Kann eine sich selbst reproduzierende frei lebende Zelle beliebig klein sein? Begründen Sie Ihre Antwort!

Die minimale Größe einer sich selbst reproduzierenden frei lebenden Zelle wird durch den Platz limitiert, den das für Vermehrungs- und Stoffwechselprozesse erforderliche Genom benötigt (580 kb bei Mycoplasma genitalium), sie kann also nicht beliebig klein sein.

Warum ist das Oberflächen/Volumen-Verhältnis einer Zelle von Bedeutung?

Voraussetzung für den reibungslosen Ablauf aller Lebensprozesse in einer Zelle ist sowohl die Entsorgung von Abfallstoffen als auch die Versorgung mit Nährstoffen und ihre ausreichende Diffusion innerhalb der Zelle. Das Oberflächen/Volumen-Verhältnis bestimmt den Stoffaustausch einer Zelle mit ihrer Umgebung. Es wird umso ungünstiger, je größer eine Zelle ist, daher wird die maximale Zellgröße durch das Oberflächen/Volumen-Verhältnis limitiert. Größere eukaryotische Zellen vergrößern ihre Oberfläche, indem sie durch Invagination der Cytoplasmamembran interne Membransysteme ausbilden.

Cookie-Einstellungen