Kapitel 5: Translation

Was meint die Aussage "Der genetische Code ist universell"?

Nachdem das Prinzip der Übersetzung einer DNA-Sequenz in eine Aminosäuresequenz (= Protein) entschlüsselt wurde, ergab sich die Frage, ob dies bei allen Lebensformen in gleicher Weise stattfindet. Daher wurden diese Vorgänge näher in E. coli (Bacteria), Xenopus leavis und Hamsterzellen (Eukarya) untersucht und miteinander verglichen. In der Tat ist das Prinzip der Übersetzung einer DNA-Sequenz in ein Protein in diesen Organismen identisch. Dies führte Ende der 1960iger Jahre zu der Aussage, dass der genetische Code universell ist. Demnach sprechen alle Organismen (inklusive Viren) auf genetischer Ebene dieselbe Sprache. Diese Erkenntnis ist ein wichtiger Hinweis dafür, dass sich alle lebenden Zellen auf eine "Urzelle" zurückführen lassen. "Leben" ist also nur einmal "erfunden" worden (oder "passiert"?) bzw. es hat sich nur eine Lebensform erhalten. Weitergehende Untersuchungen haben gezeigt, dass es zwischen den verschiedenen Domänen gewisse Abweichungen voneinander gibt (quasi verschiedene "Dialekte" in der "genetischen Sprache").

Was beschreibt das "zentrale Dogma der Biologie"? Ist es uneingeschränkt gültig?

In der Zeit, in der die Zusammenhänge des Informationsflusses von der DNA über RNA in eine Aminosäuresequenz und damit ein Protein entdeckt wurden, und es klar wurde, dass dies bei allen Organismen so ist, fasste Francis Crick dies in der Aussage "DNA macht RNA macht Protein" zusammen. Dieser Zusammenhang wurde als das "zentrale Dogma der Biologie" bezeichnet. Heute sind auch andere Informationsflüsse bekannt; und zwar der von RNA zurück zur DNA. Dieser Mechanismus kommt bei den Retroviren vor. Diese besitzen als Erbsubstanz ein RNA-Molekül. Nach dem Eindringen in eine Wirtzelle wird diese RNA von einer viruseigenen reversen Transkriptase in eine DNA-Sequenz umgeschrieben. Die DNA kann in das Genom der Wirtszelle eingebaut und mit den zellulären Mechanismen transkribiert und translatiert werden.

Was sind "proteinogene Aminosäuren"?

Als proteinogene Aminosäuren werden Aminosäuren bezeichnet, die über den Translationsapparat einer Zelle in ein Protein eingebaut werden können. Bisher sind 22 solcher Aminosäuren bekannt. Hierunter gibt es zwei Besonderheiten: Selenocystein, codiert durch ein UGA (Stopp-Codon) und Pyrrolysin, dessen Vorkommen auf einige Archaea beschränkt ist. Andere in Proteinen vorkommende Aminosäuren bzw. deren Derivate sind das Ergebnis posttranslationaler Modifikationen (Bsp. Hydroxy-Prolin, Phospho-Serin, Allysin).

Was meint die Aussage "der genetische Code ist degeneriert"?

Drei Nucleotid-Basen (Codons) codieren für eine Aminosäure. Da es vier unterschiedliche Basen in der DNA bzw. RNA gibt, gibt es folglich 64 unterschiedliche Codon-Abfolgen. Da es aber deutlich weniger proteinogene Aminosäuren als zur Verfügung stehende Codons gibt, können unterschiedliche Codons für die gleiche Aminosäure codieren. Häufig stimmen hier die beiden ersten Nucleotide überein und der Aminosäuretransfer zum Ribosom kann durch dieselbe tRNA übernommen werden.

Wodurch unterscheiden sich prokaryotische von eukaryotischen Ribosomen? Was ist beiden gemein?

Eukaryotische Ribosomen sind etwas größer (80S-Ribosomen) als prokaryotische (70S-Ribosomen). Siebesitzen mehr Proteine und eine weitere ribosomale RNA. Prokaryotische Ribosomen werden in einem Kompartiment, dem Cytoplasma, der jeweiligen Zellen gebildet. Für die Assemblierung des Ribosoms werden noch weitere Proteine benötigt. Dies ist bei den eukaryotischen Zellen auch der Fall, doch ist hier der Zusammenbau wesenlich komplexer. Dies liegt daran, dass RNA im Zellkern gebildet wird, die ribosomalen Proteine aber im Cytoplasma. Das Zusammenbringen der rRNA mit den ribosomalen Proteinen erfordert einen koordinierten Stofftransport über die Kernmembran. Zudem sind bei der Bildung eukaryotischer Zellen weitere RNA-Moleküle, in Form der snoRNPs (small nucleolar ribonucleoparticles) beteiligt. Eukaryotische Zellen enthalten stets auch Ribosomen vom 70S-Typ. Diese kommen in den Mitochondrien bzw. Chloroplasten vor und werden dort auch zusammengebaut. Die Gene für die jeweiligen rRNAs sind in den Genomen der Mitochondrien bzw. Chloroplasten enthalten. Die ribosomalen Proteine der mitochondrialen Ribosomen werden aber im Cytoplasma der Zelle gebildet und müssen in die Mitochondrien transportiert werden. Im Gegensatz zu den Mitochondrien haben sich die Chloroplasten eine etwas größere "genetische Unabhängigkeit" gegenüber dem Kern-Genom bewahrt. Die meisten der ribosomalen Proteine für die Plastiden-Ribosomen werden von dem Plastiden-Genom codiert. Die "Verteilung" der Gene zwischen Zellkern und Plastiden schwankt je nach Art z.T. beträchtlich. Eine Gemeinsamkeit aller Ribosomen besteht darin, dass die wesentliche Reaktion, die Bildung der Peptidbindung zwischenden den Aminosäuren, von der RNA katalysiert wird. Ribosomen sind also Ribozyme.

Wie werden Stopp-Codons-erkannt?

Stopp-Codons werden im Gegensatz den anderen Codons nicht durch eine tRNA erkannt. Dies geschieht durch spezifische Proteine, den Terminationsfaktoren. Diese Proteine bewirken schließlich die Ablösung der Polypeptidkette von dem tRNA/Ribosom-Komplex.

Wie viele Ribosomen besitzt eine Zelle?

Eine E. coli-Bakterienzelle besitzt etwa 15 - 70 000 Ribosomen. Die Anzahl der Ribosomen hängt von den Umgebungsbedingungen ab. So besitzen schnell wachsende Bakterien mehr Ribosomen als Bakterien in der stationären Phase. Eukaryotische Zellen besitzen mehr Ribosomen. Die Anzahl hängt vor allem von dem Zelltyp ab. Besonders viele Ribosomen besitzen solche Zellen, deren Hauptaufgabe die Produktion von Proteinen ist, bzw. die eine besonders hohe Stoffwechselleistung zeigen (z.B. Leberparenchym, Drüsenzellen, Eizellen). Die Anzahl von Ribosomen bei Eukaryoten reicht von 104 (z.B. Blutzellen) bis zu 1011 (z.B. Amphibien-Oocyten) je Zelle.

Wie lange dauert die Synthese eines ca. 60 kDa großen Proteins?

Nimmt man für eine "durchschnittliche" Aminosäure eine molare Masse von 120 Da an, so besteht ein 60 kDa großes Protein aus 500 Aminosäuren. Pro Sekunde kann ein Ribosom etwa 20 Aminosäuren in die wachsende Polypeptidkette einbauen. Für ein 60 kDa Protein resultiert somit eine "Bauzeit" von 25 Sekunden.

Was bedeutet "wobbeln"?

Nicht für jedes der 64 zur Verfügung stehenden Codons gibt es auch eine tRNA mit komplementärem Anticodon. Viele tRNAs können mehrere Codons bedienen. Grundlage hierfür ist, dass der genetische Code degeneriert ist. Manche Aminosäuren werden bereits durch die beiden ersten Nucleotide eines Codons eindeutig codiert. Die beiden ersten Nucleotide eines Codons bilden stabile Watson-Crick-Basenpaarungen mit dem Anticodon der tRNA aus; bei der dritten Basenpaarung sind aber auch andere Basenpaarungen möglich; die Bindung "wackelt" (engl. wobble) an dieser Stelle. In der Tat ist die erste Base des Anticodons an der tRNA häufig modifiziert, um solche wobble-Basenpaarungen zu erleichtern.

Mit welcher Aminosäure beginnt ein Protein, dessen Gen ein GUG-Startcodon besitzt?

Die Proteinsynthese beginnt immer mit einem Methionin, auch bei Verwendung alternativer Startcodons. Dies liegt daran, dass die mRNA fest im Ribosom gebunden ist (bei Prokaryoten über die Shine-Dalgarno-Sequenz). Der Initiationsfaktor IF3, welcher beim Einbau der erstenbeladenen tRNA benötigt wird, toleriert die entsprechendeBasenpaarungen mit der fMet-tRNAfMet.

Wie überprüft ein Ribosom die Beladung der tRNA mit dessen entsprechender Aminosäure?

Gar nicht. Das Ribosom überprüft lediglich die Paarung der Codon-Anticodon-Basenpaarung. Ist die tRNA mit einer falschen Aminosäure beladen, wird diese anstandslos in die wachsende Polypeptidkette eingebaut. Die Überprüfung der richtigen Beladung einer tRNA erfolgt bei der Konjugation mit der entsprechenden Aminosäure durch die jeweiligen Aminoacyl-tRNA-Synthetasen.

Was sind "Chaperone"?

Als "Chaperone" werden Proteine bezeichnet, welche andere Proteine bei deren Faltung unterstützen bzw. diese ermöglichen. Bezüglich der Funktion gibt es zwei unterschiedliche Mechanismen. Einige Chaperone binden vorübergehend an exponierte hydrophobe Bereiche und verhindern hierdurch eine irreversible Aggregation der Proteine. Andere Chaperone bewirken unter ATP-Verbrauch Konformationsänderungen bei un- bzw. teilgefalteten Proteinen und begünstigen so deren richtige Faltung. Die Chaperonine sind besondere Proteinkomplexe, welche ungefalteten Proteinen eine ungestörte Faltung in einem von der Umgebung abgeschlossenen Raum ermöglichen. Die Größe des Innenraums bzw. die Auskleidung des Innenraums mit hydrophoben Bereichen kann durch ATP-abhängige Konformationsänderungen verändert werden.

Wie gelangen Proteine über eine bzw. in die Membran?

Proteine werden auf unterschiedlichen Wegen über eine Membran transportiert bzw. in eine Membran eingebaut. Die wichtigsten Wege sind der Sec- und der SRP-Weg. Bei dem Sec-Weg erfolgt zunächst die Proteinsynthese an freien Ribosomen. Das entstehende Protein wird von bestimmten Proteinen im ungefalteten Zustand gehalten und zu dem entsprechenen Membrantransportsystem (Sec-Translocon) transportiert. Hier erfolgt der ATP-abhängige Transport über die Membran. Der Sec-Weg ist bei Prokaryoten der meistgenutzte Weg zur Sekretion. Bei Eukaryoten gibt es einen homologen Mechanismus für den Protein-Transport in das endoplasmatische Retikulum. Bei dem SRP-Weg wird die aus dem Ribosom austretende Signalsequenz von einem speziellen RNA-Protein-Komplex, dem Signalerkennungskomplex (signalrecognition particle, SRP) gebunden. Die weitere Translation wird anschließend solange unterbunden, bisder gesamte Translationsapparat zum Sec-Translocon gelangt ist. Die Translation wird nun fortgesetzt, wobei die austretende Proteinkette direkt durch das Sec-Translocon durch die Membran gefädelt wird (cotranslationale Sekretion). Abhängig von der Aminosäuresequenz wird das Protein komplett durch die Membran geschleust (sektretorisches Protein) oder aber in die Membran eingebaut (membranständiges Protein; der Einbau wird durch Abschnitte hydrophober Aminosäuren ermöglicht). Mittels dem Tat-Transportmechanismus werden bereits im Cytoplasmagefaltete Proteine über die Membran transportiert (die Proteine werden während des Transportes nicht entfaltet). Als Erkennungssignal dient hier eine Signalsequenz mit zwei hintereinander liegenden Arginin-Resten. Diesen Mechanismus gibt es nur bei Prokaryoten. Auf Eukaryoten beschränkt ist der Mechanismus, bei dem Proteine oder Protein-Komplexe über die Zellkernmembran transportiert werden. Eine Besonderheit besteht beim Kerntransport darin, dass die Signalsequenzen nach erfolgtem Transport nicht abgespalten werden.

Wie groß ist die Lebensdauer von Proteinen?

Die Lebensdauer von Proteinen ist sehr unterschiedlich. Proteine, welche wichtige Signalfunktionen z.B. im Verlauf der Zellteilung haben (Cycline, best. Transkriptionsfaktoren) werden schon nach einigen Minuten wieder abgebaut. Andere Proteine, welche z.B. für den Grundstoffwechsel oder allgemeine zelluläre Funktionen benötigt werden (z.B. Bestandteile des Cytoskeletts) haben eine Halbwertszeit von einigen Stunden bis mehreren Tagen. Zu den stabilsten Proteinen gehören die wasserunlöslichen Keratine und das Kollagen. Keratine sind Hauptbestandteile von Haaren, Federn, Hörner und Nägel. In der Regel werden diese Proteine von den Organismen nicht mehr abgebaut; sie überstehen also mehrere Jahre oder Jahrzehnte. Weitere Beispiele für extrem stabile Proteine sind Fibroin (Hauptbestandteil der Seide) und die Spinnen-Seide.

Welche Abbaumechanismen für Proteine gibt es?

Es gibt unterschiedliche Mechanismen für den Proteinabbau. Bei eukaryotischen Zellen werden die meisten Proteine wohl über das Proteasom abgebaut. Das Proteasom ist ein Multienzym-Komplex, in dem die abzubauenden Proteine in kurze Peptide zerlegt werden. Für den Abbau im Proteasom müssen die Proteine entsprechend gekennzeichnet werden. Dies geschieht durch das Anhängen mehrerer Einheiten eines kleinen Proteins, dem Ubiquitin (Poly-ubiquitinylierung). Ein anderer Abbauweg ist die Degradation in den Lysosomen. Lysosomen sind membranumschlossene, intrazelluläre Kompartimente mit einem sauren Inneren. Hier befinden sich spezielle Proteasen, die im sauren Bereich aktiv sind (z.B. Cathepsine). Auch im Cytoplasma gibt es Proteasen, welche andere Proteine abbauen. Dies sind vor allem die Calpaine und Caspasen. Bei E. coli sind die Proteasen Lon, Clp und FtsH für den Abbau von etwa 80% der Proteine verantwortlich. Diese Proteasen erkennen ungefaltete/mutierte Proteine und bauen diese unter ATP-Verbrauch ab. Die genannten Proteasen gehören zu der umfangreichen Proteinfamilie der sogenannte AAA+-ATPasen (ATPases associated with diverse cellularactivities). Zu dieser Proteinfamilie gehören auch die mitochondrialen Proteasen Pim1 (homolog zur prokaryotischen Lon-Protease) und das zu ClpB homologe Hsp78. Ein wichtiges Protein im Periplasma, welches der Proteinqualitätskontrolle dient, ist DegP. Dieses Protein besitzt sowohl eine Chaperon- als auch eine (ATP-unabhängige) Protease-Funktion.

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