Kapitel 3: Samenpflanzen

Was verstehen Sie unter sekundärer Pollenpräsentation und wie unterscheidet sich diese von der primären Pollenpräsentation?

Bei der primären Pollenpräsentation wird der Pollen an den Theken der Staubblätter präsentiert bzw. gesammelt. Dies ist bei der Mehrzahl der Angiospermen der Fall. Sekundäre Pollenpräsentation findet sich hingegen bei wenigen Gruppen, allerdings sehr häufig bei den Euasteriden II. Hierbei wird der Pollen nicht an den Theken der Staubblätter präsentiert. So können sie auf der Außenseite des Griffels und der Narbe präsentiert werden.

Was verstehen Sie unter einem bitegmischen Samen? Gibt es auch unitegmische Samen?

Bei bitegmischen Samen sind die beiden Integumente bei der Bildung der Samenschale beteiligt. Dies ist bei vielen Angiospermen, insbesondere bei den weniger abgeleiteten der Fall. Eine Reihe von abgeleiteten Angiospermenlinien, z.B. die Korbblütler (Asteraceae), haben Samen, deren Schale nur von einem der beiden Integumente gebildet wird. Das andere wird im Laufe der Entwicklung der Samenanlage/des Samens reduziert.

Sind die Dikotyledonen oder die Eudikotyledonen eine natürliche Einheit?

Die Dikotyledonen sind eine unnatürliche (paraphyletische) Einheit, während die Eudikotyledonen eine natürliche (monophyletische) Einheit darstellen. Traditionell wurden die Angiospermen in zwei Großeinheiten eingeteilt; die Dikotyledonen und die Monokotyledonen. Diese Einteilung beruht auf mehreren Unterschieden, wobei die Zahl der Keimblätter von besonderer Bedeutung ist. Monokotyledonen (Einkeimblättrige) besitzen nur ein Kotyledon, während alle übrigen Angiospermen zwei Keimblätter haben. Sie wurden entsprechend als Dikotyledonen zusammengefasst. Diese Einteilung war fragwürdig, da die Vielfalt von Merkmalen, die einige Gruppen der sogenannten Dikotyledonen mit den Monokotyledonen teilen, stets engere Beziehungen dieser Gruppen mit den Monokotylen anzeigten. Neuere Studien, die mithilfe von DNA die Beziehungen der Angiospermen untersuchten, fanden nun überzeugende Hinweise, dass die Monokotyledonen ein Monophylum darstellen, die Dikotyledonen allerdings paraphyletisch sind. Das Merkmal "2 Keimblätter" ist plesiomorph und kann somit nicht zur Erkennung natürlicher Einheiten herangezogen werden. Allerdings stellte sich heraus, dass eine Kerngruppe der Dikotyledonen monophyletisch ist. Diese Kerngruppe wird als Eudikotyledonen bezeichnet.

Was ist eine Samenanlage? Beschreiben Sie bitte die Struktur und einige ihrer Varianten!

Eine Samenanlage (Ovule) ist der Same vor der Befruchtung. Die Samenanlagen können ungeschützt auf dem Megasporophyll stehen, wie dies bei den Gymnospermen der Fall ist, oder in ein Karpell eingehüllt sein, wie dies bei den Angiospermen der Fall ist. Aufgrund der Orientierung können wir die Samenanlagen in Varianten einteilen: Atrope, anatrope und kampylotrope Samenanlagen finden sich sehr häufig in Samenpflanzen.

Welche Formen von Speichergewebe sind Ihnen bekannt?

Es gibt eine ganze Reihe von Speichergeweben. Einige sind weit verbreitet, wie die Umformung von parenchymatischen Geweben in Speichergewebe in Wurzelachsen oder Sprossachsen. Andere Speichergewebe sind auf Stadien im Generationswechsel beschränkt. Es sind vor allem die Speichergewebe, die im Samen vorkommen. Dabei handelt es sich zum einen um das Perisperm -- ein Nährgewebe, das aus dem Nucellus hervorgeht und somit diploid ist -- und zum anderen um das Endosperm. Bei Gymnospermen bezeichnen wir das haploide Nährgewebe, das aus Megagametophyten hervorgeht, als Endosperm (primäres Endosperm). Bei den Angiospermen geht das Endosperm meist aus der Verschmelzung eines Spermatozoidenzellkerns mit zwei Zellkernen einer somatischen Zelle des Megagametophyten hervor. Es handelt sich somit um ein triploides Gewebe. Es wird auch als sekundäres Endosperm bezeichnet. Es gibt bei einer Reihe von weniger abgeleiteten Angiospermen Abweichungen von diesem Modell, bei denen das Endosperm nicht aus einer Zelle mit drei fusionierten Zellkernen hervorgeht. Meist handelt es sich dann um zwei Zellkerne (1 Spermatozoidenkern + 1 Megagametophytenzellkern) und somit um ein diploides Endosperm.

Sie unterscheiden sich von allen anderen rezenten Landpflanzen in zwei Merkmalen, die plesiomorph sind. Zum einen besitzen sie noch Spermatozoiden, zum anderen werden die Nährstoffe in die Samenanlage vor der erfolgreichen Befruchtung eingelagert.

Eine Blüte ist ein Kurzspross mit Blättern, die Sporangien tragen. Blüten finden sich somit bei allen rezenten Samenpflanzen, aber auch bei Schachtelhalmen und vielen Lycophyten. Es soll hier kurz auf das Problem Cycas eingegangen werden. Bei den Cycadeen sind die Mikrosporophylle (Blätter mit Sporangien, die Mikrosporen bzw. Pollen bilden) stets in Blüten organisiert. Dies trifft auch auf die Megasporophylle (Blätter mit Sporangien, die Megasporen bilden bzw. Ovule tragen) bei fast allen Gattungen der Cycadeen, z.B. Dioon und Zamia, zu. Allerdings gibt es eine interessante Ausnahme, die zudem sehr häufig in Kultur ist. Die Ovule der Gattung Cycas stehen an Blättern, die dem Hauptspross entspringen. Diese Besonderheit der Gattung Cycas stellt wohl eine Apomorphie dieser Gattung dar und kann nicht zur Ableitung der Angiospermenblüte verwendet werden.

Worin unterscheiden sich der Ginkgo und die Cycadatae von allen anderen rezenten Samenpflanzen?

Sie unterscheiden sich von allen anderen rezenten Landpflanzen in zwei Merkmalen, die plesiomorph sind. Zum einen besitzen sie noch Spermatozoiden, zum anderen werden die Nährstoffe in die Samenanlage vor der erfolgreichen Befruchtung eingelagert.

Nennen Sie Merkmale, die Gymnospermen und Angiospermen unterscheiden! Gibt es dabei Merkmale, die Apomorphien der Gymnospermen darstellen?

Es gibt sehr viele Merkmale, die den Angiospermen eigen sind. So kommt eine zwittrige Blüte mit definierten Hüllblättern (Perianth) nur bei den Angiospermen vor. Andere Merkmale sind die Karpelle, zwei Integumente, doppelte Befruchtung, Pollen mit drei Zellkernen, Siebröhren mit Geleitzellen und Tracheen. Allerdings kommen einige dieser Merkmale auch bei Gymnospermen vor. So finden sich Tracheen auch im Holz einiger Gnetales. Bei einigen Gnetales findet sich auch eine Form von doppelter Befruchtung, die allerdings deutliche Unterschiede zur doppelten Befruchtung der Angiospermen zeigt. Zugleich sind einige Angiospermen-Merkmale nicht bei allen Angiospermen ausgebildet. So verlieren eine Reihe abgeleiteter Angiospermengruppen eines der zwei Integumente. Die Blütenhülle kann fehlen, z.B. bei Trochodendron.

Andere Merkmale sind schwierig zu interpretieren. Siphonogamie ohne die Ausbildung von Spermatozoiden kommt bei den Angiospermen und den meisten Gymnospermen vor -- allerdings nicht bei Cycadeen und dem Ginkgo. Somit ist die Siphonogamie entweder zweimal entstanden oder bei den letztgenannten Linien sekundär verloren worden. Allerdings würde Letzteres im Konflikt mit der Dolloschen Regel stehen, die besagt, dass komplexe Strukturen, in diesem Falle Spermatozoiden, nicht wieder erfunden werden, wenn sie in einer Linie zuvor verloren gehen.

Es gibt keine eindeutigen morphologischen Apomorphien, die eine Monophylie der Gymnospermen unterstützen. Sie teilen eine Reihe von Eigenschaften, unter anderem Samenanlagen, die nicht in Karpelle eingeschlossen sind, die wohl plesiomorph in den Samenpflanzen sind. Ein anderes Merkmal, die eingeschlechtlichen Blüten sind allen Gymnospermen eigen und können der Angiospermenblüte gegenübergestellt werden. Vieles deutet darauf hin, dass eingeschlechtliche Blüten plesiomorph sind.

Entsprechend wurden die Gymnospermen in phylogenetischen Analysen, die nur morphologische Merkmale einbeziehen, nicht als ein Monophylum erkannt. Vielmehr fanden diese Studien Hinweise auf eine Stufenleiter mit der Reihenfolge: Cycadeen-Ginkgo-Koniferen-Gnetalen-Angiospermen. DNA-Studien haben dies allerdings nicht bestätigt und ergaben eindeutige Hinweise für ein Monophylum Gymnospermen. Allerdings sollte erwähnt werden, dass hier noch viele offene Fragen bestehen.
 

Welche Formen der Bestäubung finden Sie bei Gymnospermen?

Die meisten Gymnospermen zeigen Windbestäubung. Dabei wird der Pollen mithilfe des Windes von der männlichen zur weiblichen Blüte transportiert. Allerdings kommt es gelegentlich auch zu Insektenbestäubung. Dies ist vor allem bei den Cycadeen der Fall. Hier wird der Pollen durch Insekten von der männlichen auf die weibliche Blüte übertragen. Dabei handelt es sich zumeist um Käfer, die den Pollen fressen.

Warum ist die Zahl der "Jahresringe" bei Bäumen, die nicht in temperierten oder borealen Klimaten wachsen, nicht unbedingt mit Jahreszahlen korreliert?

"Jahresringe" sind eine Anpassung des Holzes an die physikalische Umwelt. Dabei wird die Zahl sowie der Durchmesser der Zellen (in einigen Fällen auch der Zelltyp) variiert. In Zeiten der Trockenheit werden weniger Zellen und bevorzugt Tracheiden/Tracheen mit kleinem Durchmesser angelegt. In feuchteren Zeiten hingegen werden mehr Zellen und meist Tracheiden/Tracheen mit größerem Durchmesser angelegt. In temperierten und borealen Klimaten ist die Trockenheit mit dem Wechsel von Sommer und Winter korreliert. Dies ist nicht der Fall in subtropischen und tropischen Klimaten. Hier liegen entweder keine stark ausgeprägten Trockenphasen vor (keine Jahresringe), oder es können mehrere ausgeprägte Trockenzeiten pro Jahr vorkommen (mehr als ein Jahresring pro Jahr).

Wozu dienen Lenticellen und wo finden Sie diese?

Lenticellen dienen der Aufrechterhaltung des Gasaustausches in Sprossachsen mit sekundärem Dickenwachstum. Sie werden in der sekundären Rinde gebildet.

Was verstehen Sie unter primärem und sekundärem Dickenwachstum? Wo finden Sie diese beiden Formen des Dickenwachstums?

Primäres Dickenwachstum geht aus den Zellteilungen des apikalen Meristems hervor. Somit findet sich ein primäres Dickenwachstum bei Pflanzen, die ein apikales (Spross/Wurzel) Meristem haben. Somit ist es bei allen Gefäßpflanzen zu finden, aber auch bei Laubmoosen. Sekundäres Dickenwachstum geht vom Kambium aus. Bei rezenten Pflanzen findet sich ein Kambium und somit sekundäres Dickenwachstum bei allen Gymnospermen sowie den meisten Angiospermen mit Ausnahme aller Monokotyledonen und einer Reihe von eudikotylen Kräutern.

Bezieht man die fossile Überlieferung mit ein, finden sich Beispiele für sekundäres Dickenwachstum auch bei den Lycophyten und bei den Farnen, hier genauer bei den Schachtelhalmen. Bei diesen Linien ist das Vorkommen von sekundärem Dickenwachstum zeitlich weitgehend auf das Karbon beschränkt.

Was verstehen Sie unter Heterosporie? Nennen Sie Beispiele für das Auftreten von Heterosporie in der Evolution der Landpflanzen! Handelt es sich dabei um homologe Strukturen?

Unter Heterosporie verstehen wir eine sexuelle Reproduktion, bei der zwei klar definierte Typen von Sporen auftreten. Diese sind zumeist in zwei deutlich unterscheidbare Größenklassen eingeteilt. Die kleineren Sporen nennen wir Mikrosporen, während die deutlich größeren Sporen Megasporen genannt werden. Der Heterosporie wird die Isosporie gegenübergestellt. Bei einer Isosporie sind alle Sporen gleich groß. Einen Übergang von Isosporie zu Heterosporie stellt die Anisosporie dar. Hier treten auch kleinere und größere Sporen auf, allerdings führt dies nicht zu zwei klar definierten Größenklassen. Bei rezenten Pflanzen ist mit Heterosporie auch die Trennung der Antheridien und Archegonien verbunden. Antheridien werden nur von dem Gametophyten gebildet, der aus einer Mikrospore hervorgeht. Archegonien werden hingegen nur am Gametophyten gebildet, der aus einer Megaspore hervorgeht. Ein weiterer Aspekt ist, dass bei allen rezenten heterosporen Pflanzen die Mikrosporen und Megasporen in unterschiedlichen Sporangien gebildet werden. Heterosporie kommt in drei Linien der rezenten Landpflanzen vor: den heterosporen Lycophyten, den heterosporen Wasserfarnen und den Samenpflanzen. Es handelt sich dabei um konvergente Entwicklungen. Im Laufe der Evolution der Landpflanzen wurde Heterosporie mehr als dreimal erfunden, allerdings überlebten nur drei dieser Linien.

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