Kapitel 14: Angewandte Botanik

Erläutern Sie die Unterschiede zwischen Freisetzung und Inverkehrbringung aus der Sicht der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit!

Der Anbau von gentechnologisch-veränderten Pflanzen (Freisetzung) muss ebenso wie die Vermarktung von Produkten aus gentechnologisch veränderten Pflanzen, die nicht in der Europäischen Gemeinschaft angebaut werden (Inverkehrbringung), in der Europäischen Gemeinschaft zunächst von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) genehmigt werden.

Welche drei bedeutenden Verträge versuchen die Probleme der unterschiedlichen Auffassungen in Bezug zur technischen Ausbeutung von Pflanzen und deren genetischem Potenzial in internationales Recht zu fassen?

Die Konvention zur biologischen Diversität (CDB, Rio de Janeiro, 1992), das Kapitel zu handelsbezogenen Aspekten des Urheberrechtes innerhalb des Welthandelsabkommens (TRIPS, Trade related aspects of Intellectuell property rights der WTO, 1994, z.Z. unter Revision) und der Internationale Vertrag zu pflanzengenetischen Ressourcen für Nahrung und Landwirtschaft innerhalb der FAO (2001).

Warum erhoffen sich viele eine 2. Grüne Revolution und was meinen sie damit?

Die Ertragssteigerungen der 1. Grünen Revolution müssen noch einmal wiederholt werden, wenn die Nahrungsmittelproduktion mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten soll. Die 2. Grüne Revolution wird, sofern sie Realität wird, durch eine Optimierung des Anbaus und der Verwendung von Dünger und Pestiziden bedingt sein. Dabei wird eine Ausweitung der Hochleistungssorten auf allen verfügbaren Anbauflächen, einschließlich der damit verbundenen Produktionsformen, projiziert.

Was versteht man unter der 1. Grünen Revolution?

Die Form der traditionellen Landwirtschaft wurde durch die Grüne Revolution ab Mitte der sechziger Jahre zunehmend zurückgedrängt und durch eine technisierte moderne Landwirtschaft ersetzt, als im großen Stil die Hochertragssorten verbreitet wurden. Mit dem Einsatz von chemischem Dünger waren die neuen Sorten dem traditionellen System im Ertrag weit überlegen. Die Kombination aus industrialisierter Landwirtschaftstechnik und besseren Sorten erlaubte in der Summe in einigen Regionen eine Vervierfachung der Erträge (durchschnittlich etwa 50-100%). Drastische soziale Veränderungen wie die Verarmung der Kleinbauern und Landflucht gingen einher mit diesem Erfolg. Die industrialisierte Landwirtschaft verdrängte eine Vielzahl lokaler Landsorten und die traditionellen Anbaumethoden in vielen Gebieten. Maschinen und Chemikalien ersetzten die menschliche Arbeitskraft.

Warum war Ertragssicherheit vor ca. 150 Jahren in der europäischen Landwirtschaft vorrangig vor Ertragsmaximierung, während in der modernen Landwirtschaft diese Kriterien umgekehrt gewichtet werden?

Vor mehr als 150 Jahren galt es, den Ertrag und ausreichende Nahrung in einer Region zu gewährleisten. Ohne lange Transportwege nutzen zu können, mussten Wintergemüse, frühe und späte Sorten, lagerfähige Früchte und qualitätserhaltende Konservierungsmethoden wie Fermentierung die Ernährung über das ganze Jahr sichern.

Aufgrund der Mechanisierung, der Möglichkeit des Einsatzes von Chemie, der Spezialisierung in der Landwirtschaft mit sehr stark ausdifferenzierter Aufgabenteilung und der Möglichkeit des weltweiten Transportes ist der heutige Bauer ein Spezialist für jeweils sehr wenige Hauptprodukte, bei denen er dann auf maximalen Ertrag abzielt.

Welche gentechnischen Veränderungen bei Mais, Sojabohnen oder Baumwolle sind heute weltweit auf dem Markt und haben bereits ein großes Anbaugebiet erlangt? Welche gentechnischen Veränderungen sind heute schon absehbar für die nahe Zukunft?

Zurzeit:

1. Herbizidtolerante Pflanzen,

2. Insektenfraß-tolerante Pflanzen

3. Virus-resistente Pflanzen.

In naher Zukunft:

1. Pharmazeutische Produkte produziert mit Pflanzen

2. Manipulation der Pflanzeninhaltsstoffe zur Produktionserleichterung (Beispiel: Amylopektin-Stärke) oder zur Anreicherung von wertvollen Inhaltsstoffen (Beispiel: Goldener Reis).

Was ist das Prinzip des ballistischen Gentransfers, der grundsätzlich bei allen Organismen angewandt werden kann?

Mit der Partikel-Kanone werden Gene auf kleinen Gold- oder Wolfram-Kügelchen in Zellen hineingeschossen. Dabei werden zwar einige Zellen zerstört, aber andere nehmen die Gene auf und zeigen die neue Eigenschaft. Damit kann prinzipiell jedes Gewebe beschossen und auch transformiert werden. Auch die Partikelkanone setzt zumindest ein effizientes in vitro-Vermehrungssystem, oft aber ein Regenerationsprotokoll voraus, damit mit vertretbarem Aufwand eine Transformante gefunden werden kann.

Was ist das Prinzip des Agrobakterium-vermittelten Gentransfers bei Pflanzen?

Der Agrobakterium-vermittelte Gentransfer nutzt die natürliche Genübertragung bei der Infektion. Gelangt das Bakterium Agrobacterium tumefaciens an eine Pflanzenwunde, schleust es einige Gene aus dem Ti-Plasmid (Tumor induzierendes Plasmid) in die Pflanzenzellen, die die Pflanzenzellen umstimulieren und zu einem Tumorwachstum an der Wundstelle (Wurzelhalstumore) führen. Für den gezielten Gentransfer werden die Tumor vermittelnden Gene aus der Bakterien-DNA herausgeschnitten und durch das entsprechende Genkonstrukt ersetzt. Der Gentransfer-Mechanismus des "entwaffneten" Bakteriums ist davon unberührt und kann nun genutzt werden, um gewünschte Gene anstelle der Tumor-Gene in Pflanzen einzuschleusen.

Bei den meisten Pflanzen braucht man eine kurze Co-Kultur von Explantaten (z.B. Blattscheiben) mit manipulierten Agrobakterium-Stämmen und anschließend ein Regenerationssystem.

Welchen Effekt hat Polyploidie bei Pflanzen häufig, sodass eine Züchtung durch Manipulation der Ploidiestufe bei einigen Arten möglich ist?

Polyploide Pflanzen zeigen oft Gigawuchs, d.h. alle ihre Organe, Blätter, Stängel, Früchte sind vergrößert oder verdickt. Möchte man die Samen einer Pflanze ernten, bedeutet Polyploidisierung meistens ein Problem, da die Samen zwar auch größer werden, aber die Zahl der Samen verringert ist und zudem Fertilitätsprobleme auftauchen. Wenn vegetative Pflanzenteile, z.B. die Blattmasse bei Futterpflanzen, Rüben oder Früchte, z.B. Tomaten, Obstsorten oder Beeren geerntet werden sollen, dann können gute Erfolge durch Polyploidisierung erreicht werden.

Welche Verfahren haben sich in der Hybridzüchtung für die Verhinderung der Selbstbestäubung bewährt?

Manuelle Kastration (teuer)

Manipulation der Blütenentwicklung durch Chemikalien

genetische Systeme (komplex)

Selbstinkompatibilitätsgene

Cytoplasmatisch-bedingte männliche Sterilität (CMS)

gentechnologische Systeme (bisher kaum eingesetzt)

Warum wird die Hybridzüchtung bzw. die Vermarktung von Hybridsorten manchmal als biologisches Äquivalent zum Patentschutz oder Sortenschutz angesehen?

Da die Gene in der Folgegeneration neu rekombinieren und die Eigenschaften der Pflanzen entsprechend aufspalten, verliert der Bauer den Heterosis-Effekt und die Homogenität der Pflanzen auf dem Feld in der Nachkommenschaft. Er kann somit seine eigene Ernte als Saatgut für den Nachbau im nächsten Jahr nicht sinnvoll nutzen. Für den Züchter heißt das, er kann jedes Jahr neues Saatgut verkaufen.

In der klassischen Züchtung kreuzt der Züchter Ausgangsformen nicht einzelne Gene. Welche Limitationen sind damit verbunden?

Der klassische Züchter kann immer nur auf der Ebene der Einzelpflanze mit all ihren Genen (Genom) und entsprechenden Eigenschaften selektieren. Er kann die Vielzahl der Gene nur neu mischen, indem er aus der Vielzahl der unterschiedlichen Nachkommen die gewünschte Neukombination aussucht. Zwei eng benachbarte Gene, mit in der Kombination nicht gewünschten Eigenschaften, kann der Züchter nur trennen, wenn eine Rekombinante in einer sehr großen Population aufgefunden wird. Noch schwieriger wird der Züchtungsprozess bei polyploiden Arten, da hier die Zucht-Populationen für eine Kreuzungszüchtung extrem groß sein müssten.

Benennen Sie Beispiele für Pestizide, die nicht aus Erdöl, sondern aus Pflanzenextrakten hergestellt werden!

u.a. Insektizid (Pyrethum als wichtiger Wirkstoff) aus Chrysanthemen Insektizid aus der Liane Derris elliptica Insektizid (Nikotin als wichtiger Wirkstoff) aus Tabakblättern

Aus welchem Rohstoff wird Kunstseide erzeugt?

Holz, Cellulose

Benennen sie die Hauptnahrungspflanzen, mit denen wir hauptsächlich Kalorien (Stärke) oder essentielle Aminosäuren (Proteine) zu uns nehmen!

Stärkehaltige: Weizen, Mais, Reis, Gerste, Hirse, Hafer, Roggen und Kartoffeln Proteinhaltige: Sojabohnen, Ackerbohnen, Phaseolus-Bohnen, Erbsen, Linsen

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